Sacher & Wider-Sacher! Wem gehört die Sacher-Torte?
Der Fall, der auch mehrmals vor Gericht landete, scheint klar: Dort, wo Sacher dran steht, ist auch Sacher drin. So sieht das auch das Hotel Sacher in der Philharmoniker Straße hinter der Staatsoper., aber auch der Demel am Kohlmarkt meldete seine Rechte an. Und damit ist es nun kompliziert.
Die Entstehungsgeschichte
Es gibt nur ein Originalrezept – nämlich jenes, das auf Franz Sacher (1816–1907) zurückgeht. Dieser hat die Original Sacher-Torte 1832 – mit erst 16 Jahren – erfunden, als er als Lehrling im 2. Jahr bei Fürst Metternich ein Dessert kreieren sollte.
Eduard (1843–1892), der Sohn von Franz Sacher und spätere Ehemann Anna Sachers (1859–1930) arbeitete als Lehrling beim Demel und vollendete erst dort das Tortenrezept.
1876 eröffnete Eduard das Hotel Sacher, das später seine Frau Anna weiterführte, und offerierte dort die Süßigkeit. Im Safe ist dort das Rezept versteckt ist: eine geheime Formel, wie die von Coca-Cola.
Sein Sohn Eduard Junior wiederum wechselte nach dem Konkurs des Hotels 1934 zum Demel und übertrug an diesen das Alleinverkaufsrecht.
Der letzte Rechtsstreit 1961-1965
Friedrich Torberg (1908-1979) schildert in seinem berühmten Werk über die Tante Jolesch die Auseinandersetzung zwischen den Kontrahenten Sacher und Demel.
Und in diesem Streit war Torberg selbst verwickelt.
Der Autor und Anekdotenlieferant Friedrich Torberg gilt ja als kulinarischer Experte: Insbesondere in Sachen Krautfleckerl, wo er von der Tante Jolesch das beste Rezept gelernt hatte, nämlich einfach nie genug davon zu kochen. Aber das ist bekannt.
Zeuge: Friedrich Torberg
Weniger bekannt ist, dass Torberg 1961 wegen dieser Tortenschlacht vor Gericht aussagen mußte.
Es ging um die essentielle Frage: „War zu Anna Sachers Lebzeiten die Sachertorte durchgeschnitten und mit Marmelade gefüllt?“
Im Sacher wird die gleichnamige Torte mit Marmalade gefüllt, im Demel. nicht. Torberg plädierte für die letztere Variante.
Die Marmelade als Zankapfel
Er sagte aus, daß die Original Sacher-Torten „zu Anna Sachers Lebzeiten in der Mitte nicht durchgeschnitten und nicht mit Marmelade gefüllt war; dass lediglich unter der Schokoladeglasur, um sie der Tortenmasse haltbar zu verschwistern, eine dünne Marmeladenschicht angebracht wurde.“
Damit würde das Demel das Original vertreiben, soweit Torberg.
Das Urteil bestätigt dann, dass erst kurz vor 1920 die Marmelade so prominent ins Spiel kam.
Typisch wienerische Lösung
Gewonnen hat 1965 trotzdem das Sacher, aber zwei Jahre später einigte man sich außergerichtlich.
Nun erfreuen uns die „Original Sacher-Torte“ (mit Marmelade) genauso wie die „Demel’s Sachertorte“. Am Markt hat übrigens das Sacher die Nase vorne mit ca. 1.000 verkauften Torten pro Tag.
Resümee von Friedrich Torberg
Jedenfalls muss sich die verwirrte Nachwelt damit abfinden, dass es zwei Original-Sachertorten gibt, eine ursprüngliche und eine spätere, eine aus dem 19. Jahrhundert und eine aus dem zweiten Jahrzehnt des 20., und dass – was bei Originalen nicht just die Regel ist – das spätere den Vorrang vor dem früheren hat, ja die Original-Existenz des früheren geradezu auslöscht.
Quelle
Friedrich Torberg: „Traktat über das Wiener Kaffeehaus. Sacher und Wider-Sacher, Café de l’Europe – Café Imperial“, aus
„Die Tante Jolesch oder Der Untergang des Abendlandes in Anekdoten“. München 1975.
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