Der sprechende Fisch am jüdischen Friedhof in der Rossau
Im 9. Bezirk befindet sich in der Seegasse, versteckt in einem Pensionistenheim der Stadt, ein jüdischer Friedhof. Dieser Gebäudekomplexes war früher ein jüdisches Spital.
Nun muss man wissen, dass das Grab eines Juden nicht einfach auf ein paar Jahre angelegt wird – es muss ewig bestehen.
In diesem pittoresken Friedhof findet sich die bemerkenswerte Skulptur eines Fisches.
Die Geschichte vom sprechenden Fisch
Mir wurde dazu erzählt, dass diesem Fisch deshalb ein Denkmal gesetzt worden war, weil er die jüdische Gemeinde vor einem Pogrom gewarnt hatte. Also konnte dieser Fisch wohl sprechen. Interessant. Nach einer anderen Deutung waren Fische, die gehandelt wurden, in Papier eingeschlagen.
Und auf der Innenseite eines solchen Papieres warnte eine andere jüdische Gemeinde die Wiener.
Aber, wozu die Juden im Mittelalter warnen, die Verfolgung war doch erst mit der Shoa im 3. Reich tödlich. Mitnichten. Juden mußten nicht nur in Ghettos leben, sie mußten ihres Lebens fürchten.
Die Wiener Gesera 1421
Es kam in Wien mehrfach zu Vertreibungen und Pogromen. Am bekanntesten ist die sogenannte „Wiener Gesera“ – sowohl das Ereignis als auch eine jüdische Schrift die diese Ereignisse beschreibt.
Am 23. Mai 1420 wurden auf Befehl Herzog Albrechts V. (1397-1439), des späteren römisch-deutschen Königs Albrecht II., alle Juden in ganz Österreich gefangen genommen. Am 21. Juni wurden die mittellosen Juden des Landes verwiesen und in Schiffen die Donau hinuntergetrieben, während die Begüterten weiter in Haft blieben und gefoltert wurden. Kinder unter 15 Jahren wurden zwangsgetauft.
Am 12. März 1421 wurden in Wien die verbliebenen Juden, 92 Männer und 120 Frauen, zu Tode verurteilt und am selben Tag auf der Gänseweide in Erdberg (heute Weißgerberlände bzw. Krieglergasse, 1030 Wien) verbrannt.
Neben der allgemeinen „Bosheit“ der Juden wurde als Begründung vor allem ein angeblicher Hostienfrevel in Enns angeführt.
Ein Frühwarnsystem, wie sprechende Fische oder geheime Botschaften, könnten da Leben retten. Übrigens: Vermutlich ist diese Fischskulptur ein Brunnen für rituelle Waschungen.
Jüdischer Friedhof Alsergrund (Seegasse)
Der älteste Friedhof Wiens
Der jüdische Friedhof in der Seegasse ist der älteste erhaltene Wiener Friedhof. Beerdigungen sind für die Jahre 1540 bis 1783 belegt.
Im 3. Reich Grabsteine gerettet
Nach Schändung des Friedhofs durch Organe der NSDAP, wurden die Grabsteine 1943 von jüdischen Gemeindemitgliedern auf den Zentralfriedhof Tor IV. gebracht, dort vergraben und so bewahrt
Wiederherstellung
In den 1980er-Jahre wurden die Grabsteine wieder zurückgebracht und restauriert. Die Grabanlage des berühmten Rabbiners Samson Wertheimer wurde nachgebildet. Im Frühjahr 2012 der Grabstein von Rabbi Sabbatai Scheftel wieder aufgestellt.
Der Friedhof wird vom Pensionistenheim Rossau, Seegasse 9-11, 1090 Wien, umschlossen und vom Stadtgartenamt gepflegt.
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